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EANM24: Das Zeitalter der Theranostik ist JETZT

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

 

Die Europäische Gesellschaft für Nuklearmedizin (EANM) veranstaltete vom 19. bis 22. Oktober 2024 in Hamburg ihre jährliche Konferenz, EANM24. Die EANM-Konferenzen bringen Spezialisten aus aller Welt zusammen, um die neuesten Fortschritte in der Nuklearmedizin zu präsentieren und voranzutreiben. Man kann sie in folgende Schlüsselbereiche unterteilen:

  • Neue Ziele: Identifikation neuer Proteine und Enzyme in verschiedenen Krebsarten und Läsionen
  • Neue Liganden: Entwicklung von Transportmolekülen mit verbesserten Bindungseigenschaften
  • Neue Tracer: Leistungsfähigere Radionuklide mit einem begrenzteren Strahlungsradius, um Schäden am umliegenden gesunden Gewebe zu minimieren
  • Erweiterte Anwendungen bekannter Radioliganden: Entdeckung bekannter Proteine/Enzyme in anderen Krebsarten und Läsionen.

Wie bei solchen Fachveranstaltungen üblich, konzentrierte sich auch diesjährige Konferenz darauf, die Theranostik den Patienten zugänglicher zu machen. Dabei wurden technische Themen wie die Einrichtung von Kliniken, die Schulung von Ärzten, Patientenabläufe und die Optimierung der „letzten Meile“ behandelt. Eine Präsentation aus Finnland untersuchte speziell die Machbarkeit ambulanter Theranostikbehandlungen – wovon unsere Klinik ein leuchtendes Beispiel darstellt.1

Die Vereinfachung und Vereinheitlichung der Vorschriften auf EU-Ebene würde den Zugang der Patienten zu nuklearmedizinischen Therapien weiter verbessern, wobei Österreich als starkes Modell für eine effiziente Praxis dient.

KI und Nuklearmedizin

Künstliche Intelligenz war ein wichtiges Thema der Konferenz, mit Diskussionen über das Potenzial von KI zur Verbesserung der Nuklearmedizin, zum Beispiel beim Interpretieren von PET-Scans. Die Fähigkeit der KI, die Diagnostik zu verbessern, könnte einen erheblichen Fortschritt in Genauigkeit und Effizienz darstellen.

Anwendungen von PSMA- und DOTATATE-basierter Theranostik

PSMA- und DOTATATE-basierte Bildgebung und Therapie sind inzwischen etablierte Behandlungsstandards. Über ein Jahrzehnt klinischer Erfahrung treibt nun die Entwicklung neuer Tracer und Zielstrukturen wie FAP voran. Ein großes Thema war die Anwendung der PSMA-Therapie in früheren Stadien des Prostatakrebses sowie die Überwindung möglicher Resistenzprobleme durch kürzere Sitzungsintervalle – ein Protokoll, das unsere Klinik vorangetrieben hat. Unser optimiertes Protokoll umfasst drei Sitzungen im Abstand von vier Wochen im Gegensatz zu den üblichen sechs bis acht, basierend auf den Forschungen unseres leitenden Nuklearmediziners Prof. Dr. Hartenbach. Dieses Schema reduziert das Anpassungspotenzial des Krebses und bleibt dennoch gut verträglich für die Patienten.

Die revolutionäre Bedeutung der PSMA-PET/CT-Bildgebung bei klinischen Entscheidungen wird kontinuierlich durch zahlreiche Studien bestätigt, die den Wert dieser Methode zur Verbesserung der Diagnostik und Überlebensraten belegen.2

Neue Forschung zu Somatostatinrezeptoren bei Myelomen und PSMA-Enzymen bei Gliomen bietet vielversprechende Ansätze für die Behandlung dieser Krebsarten mit gezielter Radionuklidtherapie.3

Neue Ziele

Ungefähr ein Drittel der Prostatakarzinome ist PSMA-negativ und spricht nicht auf PSMA-Theranostik an, wodurch alternative Marker erforderlich sind. Eine Studie zeigte eine hohe CD13-Positivität in PSMA-negativem Prostatakrebs, was das Protein CD13 als ein potenziell geeignetes Ziel für Theranostik nahelegt.4

Neue Liganden und Radionuklide

Zu den neuen Entwicklungen im Bereich der Radioliganden gehört DOTA-LM3, markiert mit 161Terbium ([161Tb]Tb-DOTA-LM3), das eine siebenfache höhere Tumorabsorption im Vergleich zu [177Lu]Lu-DOTATOC aufgrund seiner verbesserten Bindungseigenschaften aufweist.5

Terbium-161 stellte sich auch als vielversprechende Alternative zum oft schwer erhältlichen Lutetium-177 heraus. 161Tb bietet eine konzentriertere Strahlung bei gleichzeitig günstiger Biodistribution. Dieses Radionuklid emittiert β-Strahlung ähnlich wie Lutetium-177, gibt jedoch zusätzlich sehr kurzreichweitig wirksame Konversionselektronen und Auger-Elektronen ab. Durch die niedrige Energie der γ-Strahlung ist eine Bildgebung über die Einzelphotonen-Emissions-Computertomographie (SPECT) möglich.6

Fibroblasten-Aktivierungs-Protein (FAPi)

FAPi verdient besondere Beachtung. Diese Proteine, charakteristisch für entzündetes Bindegewebe, wurden in der Mikroumgebung der meisten soliden Tumoren entdeckt und stellen einen vielversprechenden Ansatz für eine universelle Therapie stromaler Krebsarten dar. Stroma spielt eine entscheidende Rolle bei der Krebszellproliferation, indem es Tumore nährt und sie vor dem Immunsystem des Körpers abschirmt. Die onkologische Realität ist jedoch weitaus komplexer und heterogener. Während die FAPi-basierte Bildgebung Erfolg zeigt, stehen therapeutische Anwendungen weiterhin vor Herausforderungen in Bezug auf die geeigneten Liganden.

 

Diese Highlights geben nur einen ersten Einblick in die auf der EANM24-Konferenz geteilten Erkenntnisse. Wir werden in kommenden Publikationen tiefer in ausgewählte Themen und Studien eintauchen und uns dabei auf die für unsere Patienten relevantesten Bereiche konzentrieren.

 

Aus dem EANM ’24 Abstract Book

1 OP-093 “Establishing a 177Lu-PSMA treatment site in an oncology outpatient day-ward”, T. Noponen, A. Saikkonen, L. Kääriä, M. Seppänen, K. Mattila, A. Ålgars

2 OP-423 “PSMA-PET and PROMISE re-define stage and risk in prostate cancer patients”, M. Karpinski, J. Hüsing, K. Claassen, L. Möller, H. Kajüter, F. Oesterling, V. Grünwald, L. Umutlu, H. Lanzafame, T. Telli, A. Merkel-Jens, A. Hüsing, C. Kesch, K. Herrmann, A. Stang, B. Hadaschik, W. P. Fendle

3 OP-359 “Assessing the theranostic potential of SSTR imaging in advanced multiple myeloma patients - the SCARLET trial”, W. Delbart, I. Karfis, M. Vercruyssen, S. Vercauteren, Z. Wimana, N. Meuleman, P. Flamen, E. Woff
OP-514 “First-In-Human Experience of Peptide Receptor Radionuclide Therapy with 177Lu-DOTATATE in Patients with Advanced Multiple Myeloma”, W. Delbart, I. Karfis, M. Vercruyssen, S. Vercauteren, Z. Wimana, N. Meuleman, P. Flamen, E. Woff
EP-0113 “Diagnostic utility of 68Ga-Prostate-Specific Membrane Antigen-11 PET/CT in glioma recurrence - a prospective analysis”, A. Meena, K. Subramanian, R. Kumar, H. Singh, B. Mittal
EP-0653 “68Ga/177Lu-PSMA theranostics in recurrent high-grade glioma - First study results & future perspectives”, A. Karlberg, B. E. Vindstad, E. M. Berntsen, H. Johansen, T.M. Keil, O. Solheim, S. Kjærnes Øen, T. Skeidsvoll Solheim, L.Eikenes

4 OP-424 “CD13 as a Potential Membrane Marker in PSMA-Negative Prostate Cancer: A Complementary or Superior Alternative to PSMA”, Y. Tang, L. Xiao, J. Yang, J. Hou, J. Hong, A. Rominger, K. Shi, S. Hu

5 OP-252 “Therapy with the somatostatin receptor antagonist DOTA-LM3 labeled with terbium-161: Interim results of the Phase 0 Study in patients with gastroenteropancreatic neuroendocrine tumors”, J. Fricke, F. Westerbergh, L. McDougall, C. Favaretto, E. Christ, G. Nicolas, S. Geistlich, F. Borgna, M. Fani, P. Bernhardt, N. van der Meulen, C. Müller, R. Schibli, D. Wild

6 OP-515 “When Lutetium-177 DOTATATE Is Not Available: Insights Into Use of Terbium-161 in the Treatment of Metastatic Paraganglioma”, N. Jacobs, O. Kolade, K. Hlongwa, S. More
OP-529 “Mixed-LET 161Tb-ART-101 radiopharmaceutical enhances therapeutic responses in advanced prostate cancer”, M. Bio Idrissou, J. Tromp, H. Comas Rojas, L. Lambert, A.
Pinchuk, Y. Medina, A. Carston, R. Hernandez
OP-532 “Development of [161Tb]Tb-DOTA-HYNIC-panPSMA for targeted radionuclide therapy of prostate cancer”, C. Morgat, D. Vimont, K. Attia