Interview mit einem Patienten, September 2022 (Englisch)
Dr. Hartenbach führt ein Interview mit einem Patienten über seine Erfahrungen mit der Radioligandentherapie 177Lu-PSMA. Beim Patienten A.G., 72 Jahre alt und selbst Molekularbiologe, wurde im September 2018 ein metastasiertes Prostatakarzinom diagnostiziert. Nach der konventionellen Standardbehandlung (Chemo- und antihormonelle Therapie) gab es noch Residuen des Primärtumors in der Prostata sowie Lymphknoten- und Knochenmetastasen. Bis heute hat sich A.G. im Laufe von drei Jahren 9 Sitzungen (3 Zyklen) der 177Lu-PSMA-Therapie unterzogen; beginnend mit einem neuen Zyklus sobald bei der Kontrolle mittels 68Ga-PSMA PET/CT PSMA exprimierende Läsionen detektiert wurden. Die Therapie war für A.G. äußerst erfolgreich: hohes Ansprechen und nahezu keine Nebenwirkungen. Die gezielte Radioligandentherapie bringt uns dem Ziel, Prostatakrebs zu einer weiteren behandelbaren chronischen Erkrankung zu machen und gleichzeitig eine hervorragende Lebensqualität zu erhalten, ähnlich wie z.B. bei Diabetes, ein großes Stück näher.
- [00:45] Kannst du uns von deiner Prostatakrebs-Diagnose und den ersten Schritten erzählen, die du unternommen hast? Wie hast du die Grenzen der Standardtherapien wahrgenommen und was hat dich dazu gebracht, nach Alternativen zu suchen?
- [06:13] Wie würdest du die Nebenwirkungen und die Wirksamkeit der Radioligandentherapie im Vergleich zu den Standardbehandlungen beurteilen?
- [10:07] Wie sind deine persönlichen Erfahrungen mit Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit (Xerostomie) oder Nierenproblemen nach mehreren Zyklen der Radioligandentherapie?
- [12:00] Die Wichtigkeit der kombinierte Therapieansatz, einschließlich Hormontherapie und Kohlenstoffionenbestrahlung.
- [15:44] Was hat dir persönlich geholfen, mit der Krankheit umzugehen und optimistisch in die Zukunft zu blicken?
Prof. Markus Hartenbach (MH): Hallo und willkommen bei Minute Medical. Mein Name ist Markus Hartenbach und heute haben wir einen besonderen Gast hier, der bereit ist, ein Interview zu geben: Professor Dr. Alexander Von Gabain – renommierter Mikrobiologe, Gründer, Unternehmer und vieles mehr. Wir schätzen es sehr, dass er sich heute für dieses Interview Zeit nimmt. Hallo, Alexander.
A.G.: Hallo, Markus. Ich freue mich auf dieses Interview, und es ist mir eine Freude, dich mit dem zu unterstützen, was ich im Laufe meiner Krankheit und ihrer Behandlungen gelernt habe.
MH: Ja, wir wissen das wirklich sehr zu schätzen, Alexander. Du bist heute nicht in deiner Rolle als analytischer Wissenschaftler hier. Du bist vielmehr hier, weil du vor vier Jahren – ziemlich genau vor vier Jahren – mit einer Diagnose konfrontiert wurdest. Vielleicht kannst du ein wenig darüber erzählen, worum es dabei ging und was die ersten Schritte waren.
A.G.: Nun, bei mir wurde tatsächlich vor vier Jahren ein fortgeschrittener Prostatakrebs diagnostiziert – mit Metastasen in den Knochen und in mehreren Lymphknoten. Und als Molekularbiologe, der selbst in der Onkologie gearbeitet hat, war mir sofort klar, dass das mein Leben völlig auf den Kopf stellen würde. Es ist eine schockierende Erfahrung, und am Anfang hat man Todesangst. Deshalb stützt man sich auf Kolleginnen und Kollegen, die etabliert und renommiert sind. Ich muss sagen, dass ich in einem Universitätsklinikum eine gute Behandlung bekommen habe. Das Dilemma war allerdings, dass die Ärzte – vielleicht auch, weil ich selbst aus dem Fach komme – eher dazu neigten, mir die Standardtherapien zu verabreichen. Die Standardtherapie besteht natürlich in der Unterdrückung des Testosterons – von unseren Kolleginnen und Kollegen gerne als Kastration bezeichnet, sei es chemisch oder tatsächlich physisch –, manchmal auch in Kombination oder in Abfolge mit einer Chemotherapie.
Ich habe all das durchgemacht, und es gab gewisse Erfolge. Aber ehrlich gesagt konnte man in meinem Körper noch immer Ausbreitungen des ursprünglichen Tumors sehen, und auch der Ursprungstumor war noch in der Prostata vorhanden. Das war eine ziemliche Lernkurve. Und ich muss sagen: Was ich aus dieser Kurve gelernt habe, ist, dass die Standardtherapie wichtig und gut ist. Aber sobald man wieder durchatmet und erkennt: Das ist mein Krebs und es ist mein Leben, muss man sich umsehen, was es sonst noch für Möglichkeiten gibt. Ich hatte das Glück – teils durch Zufall, teils durch gezieltes Nachfragen im Kollegenkreis und bei Freunden –, zu erfahren, dass bereits Behandlungen der nächsten Generation in Entwicklung sind oder schon zur Verfügung stehen. Und ich betrachte das Ganze natürlich immer mit den Augen eines Molekularbiologen. Die Chemotherapie und Hormonunterdrückung, die ich durchlaufen habe, waren für mich ganz klar noch Medizin des 20. Jahrhunderts – aber nicht des 21. Jahrhunderts. Warum? Nun, sie treffen den Tumor zwar, aber sie sind weit davon entfernt, wirklich spezifisch zu sein.
Nehmen wir die Chemotherapie. Natürlich blockiert sie die meisten schnell wachsenden Zellen, also wirkt sie auch gegen den Krebs. Aber sie hat zum Teil sehr starke Nebenwirkungen auf anderes Gewebe im Körper, das ebenfalls auf sich teilende Zellen angewiesen ist.
Die Hormonunterdrückung an sich ist in Ordnung, aber ich finde, sie ist nicht spezifisch. Sie entzieht dem Körper auch das Testosteron für andere Funktionen, bei denen es für die natürliche Körperfunktion eigentlich gebraucht wird.
Diese Lernkurve war im Grunde der Ausgangspunkt, um nach anderen Therapien zu suchen. Und interessant ist – und das ist vielleicht ein Vorteil beim Prostatakrebs – dass es dafür die spezifischste diagnostische Methode gibt, um Tumore oder Metastasen im Körper zu entdecken. Diese Methode basiert auf einem spezifischen Molekül, das an eine Oberflächenstruktur von Prostatakrebszellen bindet. Und wenn man dieses Molekül zum Beispiel mit einem Radiolabel versieht, kann man genau feststellen, wo sich im Körper noch Tumorzellen oder Metastasen befinden. Während ich dieses Verfahren mehrmals durchlaufen habe und gesehen habe, dass einige der bisherigen Behandlungen durchaus eine Verbesserung meiner Lage gebracht haben, dachte ich: Mensch, wenn dieses Verfahren so spezifisch ist, um einzelne verbleibende Krebszellen zu entdecken – dann muss es doch auch eine Therapie geben, die auf genau dieser Spezifität basiert.
Und genau da bin ich auf Markus gestoßen – es war eigentlich kein Zufall. Ich hatte über viele Quellen von ihm gehört. Markus hat mir dann erklärt, dass die Wissenschaft nicht stillsteht, und sie haben dieses Schlüsselmolekül – das an die Rezeptoren auf der Oberfläche von Prostatakrebszellen bindet – weiterentwickelt. Indem man etwas an dieses Molekül „andockt“, einen sogenannten magic bullet, kann man eine stärkere Strahlung gezielt einsetzen. Und im Vergleich zu den anderen Behandlungen, die ich durchgemacht habe, ist das wirklich sehr, sehr spezifisch. Es werden nur diejenigen Zellen zerstört, bei denen dieser Ligand an die Krebszellen bindet – und der Ligand trägt im „Rucksack“ das Radioisotop, das die Krebszellen gezielt zerstört.
Das ist im Grunde die Geschichte, die ich kurz erzählen wollte – aber jetzt sollten wir nicht allzu sehr in die Tiefe gehen.
MH: Ja, das ist unser theranostisches Konzept, bei dem ein diagnostisches Verfahren mit einem PSMA-Liganden in der PET/CT eingesetzt wird – und dann natürlich die Therapie mit Lutetium- oder Actinium-markierten PSMA-Liganden, die gezielt die Krebszellen angreifen. Das ist genau das, was du beschrieben hast.
Vielleicht kannst du auch einen Ausblick geben auf den Vergleich zwischen den Standardtherapien, die du erhalten hast – die ja durchaus erfolgreich waren, etwa beim Senken des PSA-Werts und beim Abtöten von Metastasen in deinem Körper. Aber im Hinblick auf das Nebenwirkungsprofil. Du hast in den letzten drei Jahren neun Sitzungen mit Lutetium-PSMA-Therapie durchlaufen, und die letzte Behandlung war im April 2021 – also vor anderthalb Jahren. Auch was mögliche Langzeitnebenwirkungen betrifft, da du jetzt eben schon anderthalb Jahre nach der letzten von neun Sitzungen bist – vielleicht kannst du einen kleinen Ausblick und Vergleich dieser beiden Therapieformen geben?
A.G.: Ja, bevor ich dazu komme, möchte ich noch einmal kurz bei den Standardtherapien bleiben, die ich durchlaufen habe. Sie hatten tatsächlich – das muss ich so sagen – fast unerträgliche Nebenwirkungen. Ich muss ehrlich sein: während der Chemotherapie war ich zeitweise so erschöpft, dass ich nicht einmal mehr bergab gehen konnte – ganz zu schweigen von bergauf. Wenn man das aus der Sicht eines Molekularbiologen erklärt, ist das auch logisch: man trifft dabei eben sehr viele unschuldige Körperzellen, was – so würde ich sagen – zu diesen schweren körperlichen Beeinträchtigungen führt.
Diese Methode, die Markus gerade beschrieben hat, zeichnet sich durch ihre hohe Spezifität aus. Und ich denke, das wirklich Erstaunliche daran ist: Die Anschlussbehandlung, die mir damals von meinen Kolleginnen und Kollegen im akademischen Krankenhaus vorgeschlagen wurde, bestand aus einer Operation plus Bestrahlung mit Röntgenstrahlen. Sie versuchten mir zu erklären, dass sie immer noch mehrere Herde von Krebszellen in meinem Körper sehen und dass man mit diesen beiden Methoden – also OP und Strahlentherapie – meinen Zustand verbessern könnte. Und ich stand in dieser Situation also vor weiteren unspezifischen Behandlungen. Denn weder die Operation noch die Strahlentherapie können die Tumorherde im Körper so präzise treffen wie die eben beschriebene Methode, die ich neunmal durchlaufen habe.
Und ich muss sagen – ganz offen gesagt – ich hatte so gut wie keine ernsthaften Nebenwirkungen. Tatsächlich war ich weiterhin voll funktionsfähig. Markus ist nicht nur mein Arzt, sondern manchmal auch mein Coach. Er hat mich ermutigt, mein sehr aktives Berufsleben fortzuführen. Ich musste also keine meiner Positionen in verschiedenen spannenden akademischen Institutionen oder Unternehmen niederlegen. Ich konnte all das sogar während der Behandlung weiterführen. Und das war für mich ein echtes Halleluja-Erlebnis, denn ich bin vor mittlerweile fast 45 oder 48 Jahren in die Molekularbiologie eingestiegen. Meine ersten Lehrer gehörten zu den Pionieren, die die DNA entschlüsselt, die ersten Protein-Protein-Interaktionen entdeckt und die Funktionsweise von Zellen erklärt haben. Und ich dachte: Wow, dieses Wissen hat nun wirklich den Patienten erreicht. Es schützt einen, weil es wirklich nur – oder größtenteils – Krebszellen bzw. von Krebs betroffene Zellen abtötet.
Natürlich gibt es auch andere Gewebe im Körper, die eine Herausforderung darstellen, das ist klar. Aber ich muss sagen: Ich hatte keinerlei Einschränkungen dadurch. Und wenn ich ehrlich bin, kann ich sagen, die einzige wirklich spürbare Nebenwirkung war eine gewisse Müdigkeit. Aber ich denke, jede Art von Behandlung macht müde – selbst wenn man nur Antibiotika nimmt.
MH: Vielleicht können wir da ein bisschen genauer hinschauen, denn viele Patienten haben Angst vor den beschriebenen und bekannten Nebenwirkungen der Radioligandentherapie – insbesondere was Mundtrockenheit, also Xerostomie, betrifft. Man hat manchmal das Gefühl, dass das in der Literatur ein wenig übertrieben dargestellt wird – also die Xerostomie und die Mundtrockenheit. Was ist deine Erfahrung damit nach so vielen Zyklen? In der Literatur sind ja meist nur bis zu sechs Zyklen beschrieben. Wir haben hier in Wien über die letzten zehn Jahre Patienten behandelt und eigentlich nie echte Xerostomie, also echte Mundtrockenheit, gesehen. Auch nicht in Bezug auf die Nieren, obwohl das PSMA-Komplex in den Nieren exprimiert wird und diese Organe in der Literatur ebenfalls genannt werden. Was ist deine persönliche Erfahrung dazu?
A.G.: Meine Erfahrung ist, dass ich bisher tatsächlich nicht unter Mundtrockenheit gelitten habe – also keine Xerostomie oder ähnliche Beschwerden in dieser Hinsicht. Auch meine Nieren zeigen gewisse Schwächen, aber ich bin überzeugt, dass diese von anderen Behandlungen herrühren, die ich erhalten habe – was jetzt hier etwas zu weit führen würde, das im Detail zu erklären.
Aber ich kann sagen: Das allgemeine Wohlbefinden während und nach der Therapie ist so stabil, dass man sogar während der Behandlungszeit ein nahezu normales Leben führen kann – ganz zu schweigen von der Zeit danach. Man ist in keiner Weise eingeschränkt – weder im privaten noch im beruflichen Leben. Und ich denke, das ist sehr wichtig, denn wenn man Krebs hat, ist das ein ganz entscheidender Aspekt der Lebensqualität: Dass man sein normales Leben so weit wie möglich fortsetzen kann.
MH: Und was in deinem Fall ebenfalls sehr wichtig war – und das möchten wir auch immer wieder betonen – war der kombinierte Ansatz. Die Radioligandentherapie ist keine isolierte Therapieform. In deinem Fall hast du ja zunächst mit dem konventionellen Ansatz begonnen. Über die gesamte Zeit hinweg hatten wir zusätzlich eine Kombination mit antihormonellen Therapien – auch mit Medikamenten der dritten Generation. Und als letzte Behandlung kam dann noch die gezielte Bestrahlung mit Kohlenstoffionen hinzu, die ebenfalls eine sehr hohe Präzision aufweist. Am Ende, denke ich, war genau diese Kombination der Schlüssel zum Erfolg.
A.G.: Ja, und in diesem Zusammenhang möchte ich Menschen, die in eine ähnlich schwere Lebenssituation geraten wie ich, Mut machen. Wenn man sich für neue Behandlungsansätze entscheidet, gewinnt man vor allem eines: Zeit. Bevor ich die Radioligandentherapie begonnen habe – wie Markus schon erwähnt hat – gab es in der medizinischen Praxis im Wesentlichen nur die Hormonrezeptorblocker der ersten und zweiten Generation. Einige dieser Mittel kann man nur einnehmen, wenn man gleichzeitig 50 Milligramm Kortison dazunimmt. Diese Therapien hatten – und haben – wirklich starke Nebenwirkungen. Durch die Zeit, die ich mit der Radioligandentherapie gewonnen habe, hatte ich dann das Glück, mich für die dritte Generation der Testosteronrezeptor-Blocker zu qualifizieren. Diese nehme ich jetzt begleitend ein. Und auch hier zeigt sich wieder: die Molekularbiologie schläft nicht. Die dritte Generation – wie z. B. Apalutamid oder Darolutamid – ist deutlich spezifischer als die ersten beiden Generationen und daher für mich auch wesentlich besser verträglich, was die Nebenwirkungen betrifft.
Und wie Markus bereits erwähnt hat: In meiner Prostata waren – und hoffentlich bleiben das nur – einige Reste von Tumorherden sichtbar. Deshalb haben wir gemeinsam entschieden, zusätzlich eine Technologie einzusetzen, die gezielt die Prostata „beschießt“, dabei aber das umliegende Gewebe – also Enddarm und Harnblase – möglichst schont. Das war die Bestrahlung mit Kohlenstoffionen. Das ist jetzt zwar keine molekularbiologische Methode, aber ich würde sagen: eine physikalisch-chemisch hochspezifische Therapieform. Und das stellt meiner Meinung nach einen echten Fortschritt bei dieser Erkrankung dar, weil man die Prostata sehr viel gezielter treffen kann als bei den klassischen Strahlentherapien mit Röntgenstrahlen, bei denen fast immer auch die Harnblase mitbetroffen ist – und häufig auch der Enddarm sehr stark leidet.
MH: Ja, in deinem Fall hat es hervorragend funktioniert – und ich denke, bei vielen anderen Patienten ebenfalls. Auch die Datenlage zeigt das deutlich. Und natürlich warst du immer sehr gut informiert – auch auf wissenschaftlicher Ebene. Aber ich möchte auch andere Patienten ermutigen: Fragt nach verschiedenen Therapieoptionen, nach Behandlungen der nächsten Generation. Nur der Patient, der gut informiert ist, wird letztlich auch die beste Behandlung erhalten.
Und als letzte Frage – vielleicht auch als Ausblick – möchte ich etwas Persönlicheres wissen. Was war dein Geheimnis, dein persönliches Rezept, um mit der Krankheit umzugehen – in der Vergangenheit und auch jetzt im Blick auf die Zukunft? Was ist es, das dir diesen positiven Blick nach vorne ermöglicht?
A.G.: Nun, ich muss sagen: Ich blicke in die Zukunft – und ich blicke nach vorne. Und mir ist bewusst, dass es bei meiner Krankheit zu einem gewissen Teil auch Glück braucht. Aber ich denke, das Wichtigste ist, dass diese Lernkurve, dieses Geführtwerden hin zu spezifischen Wechselwirkungen zwischen Wirkstoffen und Zielzellen, wirklich Einzug gehalten hat in die Behandlung – und sie deutlich verbessert. Was Markus gerade erwähnt hat, finde ich besonders interessant: Es gibt eine Studie, die besagt – und das ist ein spannendes Gedankenexperiment –: wenn man über Nacht in den Gesellschaften, die es sich leisten können, die Therapien der nächsten Generation einsetzen würde – nicht nur beim Prostatakrebs, sondern auch z. B. bei Diabetes oder anderen chronischen Erkrankungen –, dann würde man nicht nur den Gesundheitssystemen erhebliche Kosten ersparen, sondern auch das Leben der Betroffenen deutlich verlängern. Diese Berechnung wurde tatsächlich durchgeführt. Das Dilemma ist nur: Oft kommen die Therapien der nächsten Generation nur durch die Hintertür in die Versorgung. Und der „Standard of Care“ ist manchmal fast so etwas wie ein Denkergefängnis – sowohl für Ärzte als auch für Wissenschaftler und leider auch für Patienten. Ich denke, was ich in meinem Fall erlebt habe – indem ich die Spezifität als Richtlinie genommen habe (ich bin natürlich privilegiert, ich kann das wissenschaftlich verstehen) – ist, dass ich mehr und mehr gesehen habe: Ich habe zumindest einen Weg, der mich schützen kann – solange das möglich ist. Und das gibt mir sehr viel Kraft.
Und ich möchte nicht nur über Moleküle, Wissenschaft und Therapien sprechen – ich habe auch eine Familie, die mich sehr stark unterstützt. Und ich habe auch sehr starke Unterstützung durch Dr. Hartenbach erhalten. In diesem Zusammenhang muss ich sagen: Ich sehe ihn nicht nur als Arzt, sondern auch als Freund und Coach – gerade bei den wichtigen Entscheidungen. Auch in meinem privaten Leben. Er hat mich immer ermutigt, mein Leben so normal wie möglich weiterzuführen.
MH: Sehr schöne Worte. Vielen herzlichen Dank, Alexander, für deine Zeit – und vielleicht geht es ja auch in Zukunft weiter mit den nächsten Therapiegenerationen. Wir haben ja bereits unsere fibroblasten-gerichtete Bildgebung – und möglicherweise auch eine darauf aufbauende Therapie für die Zukunft. Die Geschichte geht also weiter, und das Leben geht weiter. Vielen Dank für all Ihre Worte und Ihre Zeit.
A.G.: Es war mir ein Vergnügen.